Die Kunst der Trennung II
Teil II: Blickkontakt halten – Verbindungen stärken
„Ich kann mich in dieser Umgebung unmöglich auf die Jobsuche konzentrieren. Die Stimmung unter den Kolleginnen ist unvorstellbar schlecht. In diesem Umfeld kann unmöglich etwas Produktives passieren, weil jeder nur mehr an sich selbst denkt. Sie müssen sich mal vorstellen, unser Chef kommt in der Früh in die Firma und schließt sich anschließend den ganzen Tag über in seinem Büro ein“, so nur einer von vielen ähnlichen Kommentaren einer Kundin beim Erstgespräch in der New/Outplacementberatung, die die Situation im Zuge von Personalabbau und Kündigung in einem Unternehmen beschreibt.
Ihre Worte weisen auf ein sehr wichtiges, wenn auch immer wieder unterschätztes Thema hin, nämlich dem Umgang mit den Bleibenden im Zuge von Personalabbau bzw. Kündigung. In der wissenschaftlichen Diskussion werden diese als sogenannte Survivor bezeichnet. Sie sind ebenfalls in erheblichem Maße von einem Personalabbau bzw. einer Kündigung betroffen. Sie verlieren zum Beispiel einen langjährigen Freund oder sollen die Aufgaben der ehemaligen KollegInnen übernehmen. Im Unterschied zu den Betroffenen hat das Unternehmen sich dazu entschieden mit ihnen in Zukunft erfolgreich sein zu wollen.
In einer wissenschaftlichen Untersuchung von Tomasko[1] aus dem Jahr 1993 bei 1.000 amerikanischen Unternehmen, die Personal freigesetzt haben, zeigte sich, dass 90% der Unternehmen, die damit Kostenreduktion zum Ziel hatten nur 50% dieses Ziel erreichten. 75% strebten eine Produktionssteigerung an und nur 22% schafften diese auch. 50% wollten ihre Hierachie verflachen und Entscheidungswege verkürzen und lediglich 15% gelang dies. Das bedeutet also, dass von der Wahrnehmung und Bewertung der Bleibenden wie ein Personalabbau bzw. eine Kündigung abgelaufen ist letztlich auch abhängig ist, inwieweit das Unternehmen eine Zukunftsperspektive haben wird oder eben nicht.
Ein Personalabbau bzw. eine Kündigung stellt einen Eingriff in das Beziehungsgeflecht eines Teams bzw. Unternehmens dar. Bestehende Verbindungen werden beschädigt und das Vertrauen untereinander sowie in das Unternehmen sinkt. Führungskräfte und MitarbeiterInnen ziehen sich zurück. Der Blickkontakt, Symbol für ein offenes und vertrauensvolles Gespräch wird nicht nur symbolisch gesprochen weniger. Führungskräfte und MitarbeiterInnen begegnen sich in den Gängen nur mehr flüchtig. Ein direktes Gespräch wird eher vermieden als gesucht. Gerüchte gewinnen die Oberhand. Die Beteiligten unterwerfen sich dem Veränderungsprozess, anstatt ihn aktiv zu gestalten. Gerade in einer schwierigen Unternehmensphase sollte jedoch die Häufigkeit der direkten Begegnungen ansteigen. Die Führungskräfte sind dazu angehalten das Gespräch mit ihren MitarbeiterInnen aktiv zu suchen. Der Zeitaufwand für direkte Gespräche kann sich in einer Phase des Personalabbaus gut und gerne verdoppeln und ist mit oberster Priorität zu behandeln. Blickkontakt halten bedeutet in diesem Fall tatsächlich MitarbeiterInnen im Unternehmen halten. Dabei geht es in den Gesprächen nicht nur darum, die MitarbeiterInnen mit den aktuellsten Informationen zu versorgen, sondern vor allem auch ihren Ängsten Aufmerksamkeit zu schenken. Das gelingt sehr gut durchs Zuhören, eine Kunst die nicht jeder beherrscht. Die Führungskräfte stehen in dieser Phase unter besonderem Druck. Sie können sich wiederum Unterstützung in externen Coachings holen, wo auch sie Gelegenheit dazu haben, ihre Anliegen in einem professionellen Gespräch zu thematisieren.
Mehr zum Thema Survivor Empowerment erfahren Sie in unseren Seminaren/Coachings sowie in meinem Buch Trennungsmanagement – New Placement, Impulse wie Personalabbau gelingen kann.
Schönen Tag und gutes Gelingen!
Michael Hanschitz
[1] Tomasko Robert M., in Rethinking the corporation: the architecture of change, New York 1993
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Mag.(FH) Michael Hanschitz
+43 1 997 80 74
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