Auf zum Traumjob Folge XXIV: Auszeit vom Traumjob
Auszeiten und Sabbaticals werden heute häufiger in Anspruch genommen als noch vor 20 Jahren. Dennoch bleibt die Entscheidung, sich für einen längeren Zeitraum aus dem Arbeitsprozess herauszunehmen, eine sehr schwere und ist sie dann getroffen, fällt es oftmals gar nicht leicht, diese Ich-Zeit zu genießen. „Ich weiß einfach nicht was mit mir los ist, aber ich kann mich einfach nicht so richtig entspannen“ sagte die New-Placement-Kundin zu mir im Gespräch.
Sie war nach vielen Jahren unfreiwillig aus einem Unternehmen ausgeschieden und ihr Plan war, sich jetzt einige Monate Auszeit zu gönnen, bevor sie sich wieder aktiv am Arbeitsmarkt bewerben oder überhaupt eine völlig neue berufliche Richtung einschlagen wollte. „Meine Gedanken springen hin und her. Mache ich gar nichts, dann habe ich ein schlechtes Gewissen und beschäftige ich mich dann mit meiner beruflichen Zukunft wird es mir schnell zu viel“, setzte sie fort.
Von 100 auf 0 ist schwierig
Im Sport ist es längst bekannt, einfach so aufzuhören geht nicht. Leistungssportler müssen nach dem Aufhören langsam abtrainieren. Ähnlich verhält es sich auch zu Beginn einer Auszeit, vor allem wenn wir es jahrelang gewohnt waren, in eine fixe Tagesstruktur eingebettet zu sein und viele Stunden zu arbeiten.
So sehr uns dieses Hamsterrad während dieser Zeit zu nerven scheint, gibt es unserem Leben vor allem Halt und Richtung. Über vieles brauchen wir uns gar nicht den Kopf zerbrechen, weil es uns ja vorgegeben ist. Fällt das alles mit einem Mal weg, bleibt sehr viel Raum übrig, der wiederum gefüllt werden will.
Im Urlaub funktioniert das wunderbar, auch darauf haben wir uns im Laufe der Jahre konditioniert. Das Nichtstun zu Hause will allerdings gelernt sein. Deshalb ist es sehr hilfreich, nach einer ersten Erholungsphase wieder eine, sagen wir mal sanfte Tagesstruktur zu etablieren.
Das schlechte Gewissen lässt sich damit allerdings noch nicht vollständig bekämpfen, zumal ja gefühlt alle anderen um uns herum zu arbeiten scheinen und das dann auch noch permanent kundtun.
Denn so ganz akzeptiert sind Auszeiten in unserer Gesellschaft ja dann doch noch nicht und es kann dann schon vorkommen, dass man sogar von der besten Freundin einen abfälligen Kommentar abbekommt bzw. ständig nachgefragt wird, ob der nächste Job schon in Aussicht ist. Das ist insofern zusätzlich problematisch, da wir ja in einer Auszeit soziale Kontakte ebenfalls dringend benötigen.
Ein sehr großer Teil dieses menschlichen Bedürfnisses wird normalerweise am Arbeitsplatz befriedigt. Dort passiert es automatisch und wir müssen uns nicht aktiv darum bemühen, in der Auszeit hingegen schon. Und da man sich nicht ständig rechtfertigen will, gilt es ganz besonders darauf zu achten, sich mit Menschen zu treffen, die einen in einer guten Art und Weise unterstützen.
Berufliche Vision entwerfen
Um innerlich zur Ruhe zu kommen fehlt allerdings noch eines aus dem heilsamen Triangle Erkenntnis – Struktur – Miteinander. Deshalb empfehle ich meinen New-Placement-Kundinnen und -Kunden gleich zu Beginn ihrer Auszeit ein zumindest vages Bild zu entwerfen, wie es beruflich danach weitergehen könnte.
Wie konkret das ganze sein soll, ist von Person zu Person sehr unterschiedlich. Für manche reicht eine vage Idee, die sie dann im Laufe der Auszeit mehr und mehr konkretisieren. Andere produzieren gleich nach Beendigung des letzten Jobs Ideen am laufenden Band, sodass sie nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf steht.
Der Verwirrungszustand steigert sich oft von Tag zu Tag – ein zur Ruhe kommen ist absolut unmöglich. In diesem Fall empfiehlt es sich die Ideen mit Hilfe eines Zeitrasters zu sortieren. Der Raster ist in vier Sektoren unterteilt und zwar ferne und nahe Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit.
Zuerst werden alle verfügbaren Ideen gesammelt, zum Beispiel auf kleinen Kärtchen und dann im nächsten Schritt im Raster aufgelegt. Auf dieses Weise erhalten die New-Placement-Kundinnen und Kunde ein schönes Bild, mit welchem sie nach eigenem Gutdünken weiterarbeiten können.
Derartiges lässt sich super mit der oben beschriebenen sanften Tagesstruktur verbinden. Dazu reserviert man beispielsweise täglich eine Stunde für die Arbeit an der beruflichen Zukunft. Das besänftigt den inneren Unruhegeist ungemein und dann gelingt das Faulenzen in der zweiten Tageshälfte um vieles leichter. Zu guter Letzt noch eines und zwar:
Ein lustvolles Projekt erfinden
„Jedes Kind beginnt sein Leben wie ein Bourgeois“, schreibt Pierre Bourdieu und das bedeutet sich Dingen oder Aufgaben zu widmen, ohne darüber nachzudenken, welchen Nutzen sie in der Zukunft haben könnten.
„Ich wollte immer schon einmal“, das sind die oft verwendeten magischen Worte und genau während der Auszeit ist Zeit dafür. Sich selbst eine Aufgabe geben und Vorgaben von „oben“ und ökonomische Zwänge.
Tun woran man wirklich Spaß und Freude hat, was immer das sein mag. Und dabei vielleicht sogar den nächsten Traumjob entdecken. Aja, die Auf zum Traumjob-Kolumne macht zwar keine Auszeit, aber im Juli Sommerpause.
Gutes Gelingen
Michael Hanschitz
Kontakt
Mag.(FH) Michael Hanschitz
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