Auf zum Traumjob Folge XVII: Mut zur Lücke
Ein Dreh- und Angelpunkt im Bewerbungsprozess ist und bleibt der Lebenslauf. Wenn auch kein hochoffizielles Dokument, so ist die berufliche Biografie nun mal darin ersichtlich. So auch die ein oder andere Veränderung oder Lücke – das wird so mancher Bewerberin, so manchem Bewerber allerdings oft erst im Angesicht eines anstehenden Jobwechsels voll und ganz bewusst. „Ich bin 45 Jahre alt und habe in den letzten 20 Jahren zehn Mal meinen Job gewechselt“, sagte die New/Outplacement-Kundin zerknirscht zu mir im Beratungsgespräch.
Das bedeutet also: „Sie haben sehr viel Erfahrung damit, wie man erfolgreich einen neuen Job an Land zieht“, entgegnete ich. Nach kurzem Überlegen bejahte die New/Outplacement-Kundin und fügte hinzu: „Aber ich bin eigentlich überhaupt keine Jobhopperin, sondern suche etwas Langfristiges, nur hat es bis dato irgendwie einfach noch nicht geklappt." Geradlinige Karriereverläufe sind heute nicht mehr die unbedingte Voraussetzung, um den nächsten Karriereschritt zu machen, oder doch?
Alles eine Frage des Gegenübers
Die Arbeitswelt ist heute viel dynamischer und vielfältiger geworden. Das ist der Tenor in vielen Publikationen sowie auf den unterschiedlichsten HR-Kongressen. Und so manche HR-Verantwortliche geben an, lineare Biografien sogar langweilig zu finden.
Eine Blitzumfrage unter HR-Verantwortlichen von namhaften Unternehmen zum genannten Thema zeigte folgendes Bild: Niemand von ihnen reagierte gleich zu Beginn der Frage ablehnend, eine derartige Bewerberin oder einen derartigen Bewerber zu einem Interview einzuladen.
Die Betrachtungsweise ist weitaus differenzierter. In manchen Branchen, beispielsweise in der IT oder im Bereich Marketing und Werbung werden häufige Wechsel mittlerweile als absolut normal angesehen. In der IT schon aus dem einfachen Grund, weil es einen gravierenden Mangel an guten IT-Kräften gibt und diese in der Regel, sofern sie über dementsprechende Qualifikationen verfügen, mit Angeboten überhäuft werden.
Ein weiteres Unterscheidungskriterium in der Umfrage war die Position an sich. In Bereichen, wo Stabilität und Vertrauen gefragt ist, wie zum Beispiel im Finanzbereich, wurden häufige Jobwechsel nach wie vor kritisch gesehen.
Ebenfalls relevant war für manche HR-Veratwortliche, ob innerhalb eines Unternehmens gewechselt wurde und ob es sich um immer neue Positionen handelte. Und wieder andere machten es von der Gestaltung der Bewerbung sowie dem eigenen Bauchgefühl abhängig.
Somit zeigt sich also, dass selbst bei einer sehr schwierigen Ausgangssituation die Perspektive in keinster Weise hoffnungslos ist, sondern von vielen unterschiedlichen Aspekten abhängt und es auch sehr stark auf das jeweilige Gegenüber ankommt.
Eine maßgeschneiderte Bewerbungsstrategie
Ein außergewöhnlicher Karriereverlauf verlangt auch nach einer etwas anderen Bewerbungsstrategie und das beginnt bei der Gestaltung der Bewerbungsunterlagen. Derart häufige Veränderungen lassen sich nicht mehr kaschieren und deshalb ist es sinnvoll, das gleich im Anschreiben sichtbar zu machen.
Das gelingt sehr gut über freche Aufhänger wie beispielsweise „Ist sie eine Jobhopperin?“. Im erwähnten Fall lag der Claim mit: “Eigentlich suche ich etwas Langfristiges, aber irgendwie hat es bis dato einfach noch nicht geklappt“ auf der Hand. Eine andere Möglichkeit ist, die Form der Unterlagen anders zu gestalten.
Hier kann man sich bei sogenannten Guerilla-Bewerbungen kreative Inputs holen. Bekannt wurde zum Beispiel der Koch, der seine Unterlagen als Bratpfanne gestaltete und verschickte sowie der Praktikant der via Youtube die User aufforderte, für ihn eine Empfehlung bei einem Radiosender abzugeben.
Legendär wurde die Bewerbung von Alec Brownstein: Er wollte Creative Director in einer Werbeagentur werden und nutzte die Eitelkeit seiner zukünftigen Vorgesetzten, indem er eine Google-Adwords Kampagne mit deren Namen startete. Und wenn sie sich selbst googelten, bekamen sie in Ihren Suchergebnissen den Text: „Googling yourself is alot of fun, hiring me is fun too."
Seine Bewerbung war erfolgreich und er bekam gleich mehrere Einladungen. Eine derartige Vorgehensweise ist immer ein Drahtseilakt und kommt nicht überall gut an. Vor allem darf die Grenze des „guten Geschmacks“ dabei nicht überschritten werden, da sie ansonsten zwar ewig in Erinnerung bleiben, aber abgelehnt werden.
Wichtig ist aber vor allem, dass die Bewerbungsstrategie 100%ig auf die jeweilige Person abgestimmt ist. Denn im nächsten Schritt sollte diese auch authentisch im Interview vertreten werden.
Die eigene Biografie leben
Das funktioniert nur dann, wenn die jeweiligen Jobsuchenden ihren bisherigen beruflichen Werdegang auch voll und ganz angenommen hat. Das fällt sehr oft schwer, weil die Rückmeldungen natürgemäß öfter negativ ausfallen.
Das nagt am eigenen Selbstvertrauen und dann treten Wehmut und Selbstzweifel auf den Plan. Leichter fällt es schon, wenn man gemeinsam mit den New/Outplacement-KandidatInnen hinter die Kulissen blickt.
Ohne Zweifel verbergen sich dahinter einer derartigen Vita eine Unmenge an Kompetenzen und Lebenserfahrungen, derer sich manche Jobsuchenden selbst gar nicht wirklich bewusst sind. Changekompetenz ist beispielsweise nur eine, die aber seit Jahren im Wirtschaftsalltag sehr hoch im Kurs steht und vor allem in der aktuellen Krise gefragter denn je ist. Weitere Punkte sind der Einblick und die Erfahrung in viele unterschiedliche Unternehmen, die im Interview dem Gegenüber aktiv angeboten werden können.
Vor allem, wenn sich darunter Unternehmen finden, die zur Konkurrenz gehören, werden Vorgesetzte oft sehr hellhörig. Und wer weiß, vielleicht wird ja aus einer ehemaligen Jobhopperin im richtigen Umfeld eine langfristige und verlässliche Stütze des Unternehmens.
Gutes Gelingen
Michael Hanschitz
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Mag.(FH) Michael Hanschitz
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